Regenbogenschule Weetzen
KOMPLEX UND EINFACH
Die funktionalen Zusammenhänge und Bauabschnittsbildungen sind komplex, doch die Lösung ist einfach und unaufgeregt: jede Nutzungseinheit wird als eigenständiges Gebäude konzipiert, mit einer individuellen Adresse, einem eigenen Charakter und einer klaren Identität: das Schulhaus, die Sporthalle und die Aula mit Verwaltung. Während der Bauetappen bestehen sie als eigenständige, freistehende Baukörper. Als finale Bauetappe wird das Ensemble in Form eines Kolonnadenhofes zu einer funktionalen und gestalterischen Einheit zusammengebunden. Basierend auf einem gemeinsamen modularen Ausbauraster und regemäßigen Konstruktionsrhythmus wird eine hohe Wirtschaftlichkeit, Flexibilität und Zukunftsfähigkeit gewährleistet. Unterschiedliche Raumqualitäten erzeugen individuelle Atmosphären und unverwechselbare Orte. Diese Qualitäten werden durch ein nachhaltiges und sinnliches Konstruktions- und Materialkonzept aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz verstärkt.
DIE NEUE SCHULE ALS DORF IM DORF
Durch die präzise städtebauliche Setzung von 3 neuen Baukörper wird eine neue schulische und dörfliche Mitte geschaffen: der öffentliche Dorfplatz, der sich zwischen Bestandsgebäude und Schule aufspannt, und der Kolonnadenhof, der die schulische Gemeinschaft versinnbildlicht. Die Anordnung der Baukörper um ein gemeinsames Zentrum stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Die Orientierung ist einfach und klar. Das neue „Lerndorf“ wird zu einem identitätsstiftenden Ort, der integratives Lernen und Spielen ermöglicht und fördert. Es schafft eine Umgebung, in der das Schulgebäude für Schülerinnen und Schüler aller Altersgruppen zugänglich, überschaubar und wie ein zweites Zuhause wirkt.
VERZAHNUNG STADT UND LANDSCHAFT
Die Schule befindet sich an der Schnittstelle zwischen Stadt und Landschaft. Die Bau-körperkonstellation basiert auf der Idee einer Verzahnung und Vermittlung zwischen der „urbanen“ Seite im Osten mit befestigtem Platz und „ländlicher“ Seite im Westen mit offener Vegetation und Blick in die Weite. Dazwischen spannt sich der semitransparente Kolonnadenhof, der eine verbindende und vermittelnde Funktion einnimmt.
ENSEMBLE ALT UND NEU
Die neuen Schulgebäude bilden zusammen mit dem Bestandsgebäude an der Hauptstraße ein räumliches Ensemble. Der Bestandsbau erhält durch seine axiale Ausrichtung zur Schule und seiner Freistellung am Dorfplatz eine prominente Stellung. Aufgrund der städtebaulichen Aufwertung wird auch eine Überarbeitung der Fassadengestaltung empfohlen. Die Schulgebäude wiederum bilden ein eigenständiges, in sich geschlossenes Ensemble - ein „Dreiklang“ mit hoher Strahlkraft weit über die Region hinaus.
PÄDAGOGISCHES KONZEPT
Das neue Schulhaus ermöglicht einen niederschwelligen Wechsel zwischen Orten und Phasen der Konzentration sowie der Regeneration und Inspiration. Dies gelingt durch ein fein ausdifferenziertes Angebot an Aufenthalts- und Erholungsbereichen sowohl innerhalb einzelner Funktionsbereiche als auch am Schulstandort einschließlich der Aussenbereiche. Die wachsende Bedeutung des informellen Lernens im Rahmen heute zunehmend kompetenzorientierter Lernprozesse zum Erwerb von Methodenkompetenz , bei denen Aktivitäten, Emotionen, Kognitionen und Situationen auf vielfältige Weise miteinander verknüpft sind, erfordert Räume die dem breiten Spektrum an zeitgemäßen Lehr- und Lernmethoden Rechnung tragen und einen unkomplizierten Wechsel zwischen Instruktion, Einzelarbeit, Gruppenarbeit, Präsentation von Lernergebnissen und Reflexion von Lernprozessen ermöglichen. Hierfür stellt der Entwurf des Schulbaukörpers das räumliche Konzept einer natürlich belichteten frei bespielbaren und vielfältig adaptierbaren räumlichen Mitte mit Sitzstufenanlage im Zentrum des Hauses zur Verfügung. Als zentraler identitätstiftender Ort der Belichtung und Orientierung fungiert ein über alle Geschosse durchlaufender Atrium-Hof, welcher durch das erste notwendige Treppenhaus flankiert wird und direkt an die Clustermitte des nördlichen Kompartments angrenzt. Sowohl das südliche, als auch das nördliche Kompartment erhält seine Clustermitte jeweils als erweiterte Flurfläche, ähnlich wie eine Kombibürozone zwischen den angrenzenden Klassen und Differenzierungsräumen, an den Stirnseiten der Gebäudekubatur. Hier gruppieren sich unterschiedliche Raum-bereiche mit einem vielschichtigen Set an Arbeits- Besprechungs- und Erholungsräumen sowie Räume zu Integration anderer Bildungsträger, um eine gemeinsame pädagogische Mitte, zu der gute Sichtbeziehungen in die konzentrisch angrenzenden räumlichen Angebote wie Fachklassenräume, Lehrerstützpunkt und Lernmittelräume bestehen..
FREIRAUMKONZEPT
Die neue „Regenbogenschule Weetzen“ spannt sich zwischen der Hauptstraße, der Huhestraße und der offenen Feldflur auf. Im Bereich Hauptstraße – Huhestraße im Westen wird künftig die zentrale Platzfläche als Eingangsbereich der Schule und als Dorfplatz genutzt. Die Platzfläche erstreckt sich wie ein Teppich zwischen den Bestandsgebäuden und dem Schulneubau von Fassade zu Fassade. Dem Ort angemessen wird dieser Teppich aus gesägtem und sandgestrahlten Granit-Kleinsteinpflaster gebildet. Dieser Oberflächenbelag verläuft weiter über den Freiraum der Schule Richtung Osten und läuft angrenzend in die offene Landschaft im Grün aus. So wird der Grünanteil maximiert und ein weicher Übergang zu den Feldfluren Weetzens erzeugt. Der große Schulhof im Zentrum des Ensembles ist der Haupt- aufenthaltsbereich zu Pausenzeiten und wird umgeben durch die alle 3 Gebäudeteile erschließende Kolonnade. An der Schnittstelle zum Dorfplatz und zur Landschaft dient dieser „Schulplatz“ als Hauptbewegungs- und Querungsfläche. Er ist ebenfalls in Kleinsteinpflaster, Granit, gesägt und sandgestrahlt ausgestattet. Hier werden außer-dem 4 Vegetationsinseln mit Sitzmöglichkeiten errichtet. Ein zweiter Schulhof im Südosten bietet Platz für 3 Tischtennisplatten und vermittelt zwischen der Sporthalle und dem Hauptgebäude. Beim dritten Schulhofbereich im Nordosten gibt es zwei Spielplätze für Aktion und Bewegung. Außerdem dienen feldnahe Hochbeete als Schulgarten und bringen den Schüler:innen Pflanzen und Ökologie nahe. Weiterhin lädt hier ein kleines Ballspielfeld beispielsweise zum Fußballspielen ein. Das Grüne Klassenzimmer wird zwischen Rasenspielfeld und Laufbahn errichtet. Hier dient eine kleine Sitztribüne als Lernort und kann gleichzeitig als Sitzfläche für Sportturniere genutzt werden. Alle 3 Schulhofbereiche werden von einer Laufbahn aus EPDM zusammengezogen, die so einen Rundkurs bietet und sowohl dem Sportunterricht als auch dem freien Spiel zu Hofpausen und Hortzeiten, sowie auch als Verkehrs- erziehungskurs dient. Auf dem zentralen Dorfplatz im Westen des Grundstücks lockern Vegetationsinseln die Fläche auf und tragen durch ihre üppige Bepflanzung mittels einer Mischung aus klimaangepassten Gräsern, Stauden und Gehölzen als zahlreiche Nahrungsquellen für verschiedenste Vögel und Insekten bei. Die ganzjährig verteilten Blühaspekte erhöhen auch die Attraktivität des Freiraumes, sorgen für einen repräsentativen Dorfplatz und tragen zur höheren Biodiversität sowie zur Verbesserung des Mikroklimas bei. Langbänke an den Vegetationsinseln laden Schüler:innen, Anwohner:innen und Besucher:innen zu Aufenthalt und zur Kontemplation ein. Dabei wird der zentrale und unmittelbare Eingangsbereich vor der Schule von Einbauten freigehalten, um zum Einen eine großzügige Eingangssituation und andererseits für die Feuerwehr die nötigen Erschließungs- und Aufstellflächen zu gewährleisten. Die Bestandsbäume werden durch klimaresiliente Eschen-, Trompetenbaum- und Gleditschienneupflanzungen ergänzt. Im Sinne des Design-For-All ist der gesamte Freiraum barrierefrei und macht eine inklusive Nutzung für jeden Schüler und jede Schülerin möglich. Auch die Spielplätze werden so für alle errichtet. Der Entwurf betrachtet soziale, ökonomische und ökologische Aspekte alsganzheitlich gedachte Nachhaltigkeit. Die robuste und einfache Grundstruktur erlaubt es, mit angemessenen Mitteln eine hochwertige Gestaltung zu erzielen. Für die Schüler:innen entsteht ein nachhaltiger Freiraum mit einer großen naturräumlichen Diversität und hohen Nutzungs- und Aufenthaltsqualitäten. Einfache und langlebige Belagsmaterialien und Ausstattungselemente schaffen ein einheitliches Gesamtbild. Wenige hochwertige Details und die Verwendung hochwertiger und langlebiger Materialien fügen sich in die Schulanlage ein und sorgen für eine nachhaltige und dauerhafte Gestaltung.
MATERIALWAHL
Im ländlichen Kontext der Scheunen und Bauernhäuser versteht sich das neue Schulhausensemble als Übersetzung und Weiterentwicklung seiner autochthonen, anonymen und alltäglichen Vorbilder aus der unmittelbaren Umgebung. Diese alltäglichen oder anonyme Architekturen haben keinen äs¬thetischen Anspruch, sondern sind elementar in der Verwirklichung von Baugedanken mit den einfachs¬ten Mitteln. Sie haben in ihrer Angemessenheit ohne Anspruch auf Bedeutung oder postmoderne Attitü¬de oder gar Witz eine überzeitliche Dimension. Die Kraft dieser anonymen Strukturen speist sich aus der Tatsache, dass ihre Architektur von einer Ordnung bestimmt wird, die jedem Einzelteil Notwendigkeit verleiht. Ihre Architektur fügt sich seit ältester Zeit in die Ordnung logischer Formen, die im Wesen eines jeden Stoffes ruht. Genau diese Architektur als Baukunst ohne jede Rhetorik, jenseits von beliebigem Postmodernismus und modischer Moderne, vor allem aber jenseits von auswechselbarem Stilzitat und modischem Affekt soll der Referenzgrund für das neue Schulensemble sein. Holz mit seiner Strukturlogik aus tragend- und lastend eingesetzten Baugliedern ist daher das bestimmende Material unseres Entwurfes.Das Materielle des Holzes hat in seiner (Isotropen) Gerichtetheit bekanntlich die Kraft zumTreiber des Entwurfs und schließlich zum Ausdrucksträger des Gebäudes zu werden. Kontrapunktisch bildet eine sichtige Betonoberfläche in den Sockelbauwerken einen erdigen, komplementären, vor aufsteigender Nässe schützenden Kontrast. Im Zusammenklang der resultierenden Sinnesmodalitäten aus der Faserigkeit des Materials, dem Odeur harziger Hölzer, einem sonoren Knarren der gesägten Fügungen und der Handwärme des natürlichen Materials ergibt sich der Eindruck eines spröden Futterals, als anheimelnde, hölzerne Stube im hölzernen Haus – bestens geeignet der Kinderseele eine Heimat auf Zeit abseits des Elternhauses zu bieten.
Auslober: Stadt Ronnenberg
Architekt: Moeller Soydan Architektur MA: T. Hertel
Statik: Pichler Ingenieure GmbH
Landschaft: BBZ Landschaftsarchitektur
Brandschutz: KLW-Ingenieure GmbH
Standort: Hauptstraße 5a, 30952 Ronnenberg